Gerade haben wir den Bottwartal-Halbmarathon hinter uns gebracht, kurz etwas gegessen, geduscht und schon hängt jeder an seiner Sportuhr oder seiner Lauf-App, um zu checken welche Erfolge es zu verzeichnen gibt – oder auch nicht. Und siehe da, während ich so ziemlich gleichmäßig unterwegs war, hatte Marci zwischenzeitlich echte Probleme sein Tempo zu halten und bis zum Schluss seine Laufleistung aufrecht zu erhalten.. und das, obwohl er doch der bessere Läufer von uns beiden ist?! 😯
❓ Woran liegt es also, dass man trotz des Wissens über die eigene körperliche Leistungsfähigkeit eine Strecke (egal ob 10 Kilometer oder 21 Kilometer) und guter Vorbereitung, sei es ernährungstechnisch, als auch körperlich, plötzlich in eine Rast verfällt, aus der ein Herauskommen echt schwierig ist? Klar ist, unser Körper ist keine Maschine, die man ein Mal einstellt und dann bis an ihr Lebensende immer gleich läuft, jeder Tag schaut anders aus! Wir haben mal eine ruhige, mal eine stressige Woche hinter uns. Es plagt uns ein Streit im Bekanntenkreis oder wir haben einen kleinen Infekt. Das Essen vom letzten Mittag liegt immer noch krumm im Bauch, oder wir haben zu wenig Schlaf… Alles Dinge, die wir selbst gar nicht richtig wahrnehmen. Wir nicht – unser Körper schon!
Zu Beginn eines Laufs ist ja immer erstmal alles super: Der Adrenalinspiegel ist hoch, es läuft fetzige Musik und alle Augen sind auf die Läufer gerichtet, die den Startblock verlassen. Wir starten also los und jetzt hat unser Körper einiges zu schaffen, denn damit wir genug Energie für unsere sportliche Leistungen bekommen, laufen im Stoffwechsel ziemlich komplizierte Vorgänge ab.
💡 Ob wir vom Stuhl aufstehen oder einen 100-Meter-Lauf sprinten, der Muskel bekommt die Energie immer über eine chemische Reaktion in seinen Zellen. Brennstoff für die Muskeln ist stets das Adenosintriphosphat (ATP). Unser reiner ATP-Vorrat ist allerdings ziemlich gering und reicht nur für ein paar wenige Sekunden.
Wie geht’s also weiter? 🙂 Unser Körper muss nun seinen Muskeln das ATP auf andere Weise herbeischaffen. Zur Auswahl hat er dafür Kreatinphosphat, Kohlenhydrate und Fette oder in Ausnahmefällen Aminosäuren. Top 1 Energielieferant stellt nach der ersten ATP-Flaute das Kreatinphosphat (KP) dar. Kreatin stellt der Körper selbst aus zwei Aminosäuren her, um es vorwiegend als Phosphatüberträger im Energiestoffwechsel zu nutzen. Die Energiebereitstellung über diesen Weg funktioniert aber auch wieder nur wenige Minuten und unser Körper ist erneut gezwungen andere Wege zu gehen – und zwar idealerweise so schnell, dass wir als Sportler das gar nicht bemerken.
Erst nach einer Pause von 2 bis 5 Minuten sind die Kreatinspeicher wieder einsetzbar. Stehen bleiben und warten bis es so weit ist wäre jetzt eine recht blöde Idee 🙄 – wir rennen also weiter. Und was tut der Körper? Richtig – erst jetzt holt er seine Energie aus Kohlenhydraten – die in Form von Glykogen in unseren Muskeln und unserer Leber gespeichert ist.
Erst, wenn auch diese Energiequelle ausgeschöpft ist, geht’s an unsere Fettpolster. Und Fett bringt – so verrufen es auch ist – deutlich mehr Energie als all seine Vorgängerlieferanten! Zwar dauert diese Art der Energiegewinnung am längsten und diese Umstellung ist meist auch der Hauptgrund für unsere kleineren oder größeren Tiefs inmitten eines Laufs, liefert dafür aber auch die höchste Ausbeute, nämlich fast dreimal mehr als der aerobe Abbau der Kohlenhydrate. Besonders für Läufer von Halbmarathons und Marathons ist es also wichtig, sich mit den Energielieferanten für Ausdauersport zu beschäftigen und stets den Fettstoffwechsel zu trainieren, sodass es dem Körper von Mal zu Mal einfacher fällt umzuspringen und wir in keine „Hungerrast“ verfallen.
Stoffwechsel und Niederlagen hin oder her – was ist eigentlich ein Erfolg beim Laufen? Tatsächlich das möglichst lange Durchhalten und höchstmögliche Schnelligkeit, idealerweise ohne Tiefphasen? Klar – das ist natürlich stets ideal… Grundsätzlich finde ich aber, es sollte immer Spass machen und der Spass sollte auch immer ganz oben stehen. Logisch gibt’s unterwegs Streckenabschnitte auf denen ich mich jedes Mal verfluche, wie blöd man eigentlich sein kann, sich für so ein Ding anzumelden, man könnte den Sonntag doch auch gemütlich auf der Couch oder in der Stadt verbringen?!
Kaum kommen aber die letzten Kilometer, die einen nochmal motivieren und dann der Endspurt ins Ziel, bei dem man sich dann so dermaßen über seine eigene Leistung und die vielen jubelnden Zuschauer freut, ist jede Hungerrast und alle Zweifel vergessen und man überlegt schon, wo es als nächstes hin geht. 🙂