Das Laufen ist ja ab einem bestimmten Trainingsstand irgendwie nur noch Kopfsache. Man kommt zwar vielleicht ein bisschen langsamer voran, rein von der Puste her könnte man aber noch eine gefühlte Ewigkeit laufen… wenn da nicht die Muskeln wären, die hin und wieder einfach nicht richtig mitziehen wollen und der Kopf, der sich schon nach einem Kilometer ausrechnet, wie weit die verflixte Strecke noch ist.
Witziger Weise werden die ersten Kilometer je nach Gesamtdistanz komplett unterschiedlich von uns allen wahrgenommen. Während nämlich beim Halbmarathon die ersten 10-12 Kilometer ganz emotionslos weggesteckt werden, wird bei einer Kurzdistanz schon von Anfang an gegrübelt und gerechnet, wie man denn in der Zeit liegt. Da unsere „Kurzdistanz“ allerdings laut Trainingsplan mittlerweile bei 10 Kilometern liegt – Kamil ist schon so weit, dass er für weniger „…gar nicht erst seine Turnschuhe anzieht…“ – ist der Start ins Training oft recht zäh und die Motivation hin und wieder etwas eingebremst.
Wir alle wissen, dass Tausende von Gedanken jeden Tag durch unseren Kopf schwirren. Kennt Ihr das chinesische Sprichwort „Es sind nicht unsere Füße, die uns bewegen, es ist unser Denken.“? Tatsächlich können diese Gedanken einen echten Unterschied zwischen Trainingsgenuss oder -hass ausmachen. Und nicht nur beim Laufen. Bei jeder Sportart haben unsere Gedanken massiven Einfluss auf die Entscheidung, ob wir ein Trainingsprogramm beibehalten oder nicht. Worüber sollte man also idealerweise beim Sport nachdenken??
Grundsätzlich werden speziell beim Laufen zwei „mentale Strategien“ unterschieden, die eigentlich gleich häufig sowohl von Freizeit- als auch von Profisportlern angewandt werden und auch in unserem Team bestens bekannt sind.
Strategie Nr. 1: Die Assoziation
Bei der Assoziation konzentriert sich der Sportler auf seine körperlichen Empfindungen und überwacht konstant irgendwelche Veränderungen. Da fühle ich mich schon gleich ertappt – bei Kurzstrecken wird die Herzfrequenz gecheckt, ständig auf die Pace geachtet, oder einfach die Atemfrequenz und die muskulären Empfindungen kontrolliert.
Strategie Nr. 2: Die Dissoziation
Ebenfalls jedem bekannt. Bei der Dissoziation wird versucht die Aufmerksamkeit von körperlichen Empfindungen auf bewegungsunabhängige Faktoren zu lenken. Zum Beispiel durch Musik, irgendwelche Rechen- oder Zählaufgaben, manche Läufer schauen sich sogar ihren Weg an und schließen dann immer wieder für ein paar Meter die Augen. Diese Strategie soll die Müdigkeit oder Anstrengung des Sportlers reduzieren. Marci und ich haben beim letzten langen Lauf am Wochenende fleißig „ich-packe-meinen-Koffer“ gespielt und dabei auch unsere grauen Zellen beansprucht. Während man allerdings das 20ste Utensil eingepackt hat, merkt man erst einmal, wie schwierig es ist, das Hirn gleich schnell wie die Beine laufen zu lassen.
💡 Welche Strategie ist nun also die Richtige? Ich würde sagen: Die Mischung macht´s. Wer nur vor sich hin träumt, der verliert seine Zeit aus den Augen und wer nur auf seine Zeit schaut, der übernimmt sich an schlechten Tagen möglicherweise. Bevor man sich aber unterwegs noch tausend Mal fragt „wie weit es denn noch ist“ sollte man lieber über andere Dinge nachdenken, sich aufs Ziel freuen, die anderen Läufer beobachten oder einfach die Musik ein bisschen lauter drehen. 🙂